Wo Konsum stattfindet: Das Stirnhirn

Das Stirnhirn sitzt, wie der Name nahelegt, ganz vorne im Gehirn, direkt hinter der Stirn. Relevant für Konsum ist vor allem der “präfrontale” Teil, also die neuronalen Netzwerke ganz vorne im Gehirn (hellblau eingefärbt in der Grafik).

Das vordere Stirnhirn ist der am weitesten entwickelte Teil des Gehirns, hier regulieren wir unsere Identität (“Selbst-Management”), planen die Zukunft, hängen unseren persönlichen Erinnerungen nach (“autobiographisches Gedächtnis”) und vieles mehr. Im Unterschied zu den anderen Hirnarealen ist das Stirnhirn bis weit in das Teenageralter in Entwicklung und wird in diesem Alter nochmals völlig umgebaut (was viele Probleme von Teenagern erklärt, z. B. mangelnde Impuls-Kontrolle, Identitätssuche, Ignorieren von längerfristigen Konsequenzen von Verhalten etc.). Kein Wunder also, dass sich das vordere Stirnhirn beim Menschen im Vergleich zu allen Tieren (inkl. Affen) besonders stark entwickelt hat. Weil das Stirnhirn entscheidet, es ist der zentrale Gatekeeper im Gehirn, nennen Neurowissenschaftler es auch den „Executive Brain“. Wie ein Vorstandsvorsitzender (CEO) in einem Unternehmen reguliert das Stirnhirn die Ziele, die für uns wichtig sind und sorgt dafür, dass wir diese Ziele auch erreichen. Der CEO im Kopf ist eine Analogie der Neurowissenschaftler die zum Ausdruck bringen soll, dass das Stirnhirn für uns Menschen eine herausragende Funktion hat. Fällt das Stirnhirn aus, zum Beispiel wegen eines Unfalls oder eines Tumors, wirken Marken nicht mehr. Es verändert sich auch die Persönlichkeit des Betroffenen. Solche Menschen werden oft extrem impulsiv und jähzornig, sie können kein normales Leben mehr führen. Der bekannteste Fall ist der Bahnarbeiter Phineas Cage, dem bei einem Unfall eine Eisenstange durchs Stirnhirn schoss – er überlebte, aber seine Persönlichkeit veränderte sich dramatisch.

YouTube: The Case of Phineas Gage

Ebenfalls bekannt ist, dass Menschen mit einer Störung im Stirnhirn nicht mehr entscheiden können. Schon für etwas Einfaches wie die Abstimmung eines Termins brauchen sie Stunden. Das Stirnhirn ist als einziger Teil im Gehirn keiner konkreten Sensorik zugeordnet, erhält aber Input von allen sensorischen Arealen und enthält selbst multisensorische Neuronen. Das Stirnhirn ist insgesamt mit allen Bereichen des Gehirns verdrahtet, anatomisch am nächsten zum motorischen Kortex, der Handlungen generiert. Das Stirnhirn hat also direkten Zugang zur Motorik. Das zeigt nochmals, wie wichtig das Stirnhirn für Konsumentscheidungen ist.

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Gehirn mit farbig markiertem Stirnhirn