Conceptual Consumption: Menschen konsumieren Konzepte

Dank dem ausdifferenzierten Stirnhirn konsumieren Menschen nicht nur Produkte und ihre Eigenschaften sondern gleichzeitig auch immer ein damit verbundenes mentales Konzept. Und genau diese Fähigkeit ist spezifisch menschlich und der Schlüssel zum Verständnis warum Kunden kaufen was sie kaufen. Nur wir können durch Produkte und ihre Eigenschaften Mentales regulieren. Affen prügeln sich, um festzustellen wer der Stärkere ist, wir regulieren das über große Uhren oder dicke Autos und teure Schuhe. Wir konsumieren nicht nur das Produkt, sondern auch immer das durch die Produkteigenschaften aktivierte, dahinterliegende mentale Konzept. Der eingangs zitierte Verhaltensökonom Dan Ariely nennt diese spezifisch menschliche Fähigkeit „Conceptual Consumption“.

Was ist darunter zu verstehen? Vor die Wahl gestellt, ob sie in einem 5 Sterne-Hotel oder in einem Eis-Hotel schlaffen wollten, wählten viele das Eis-Hotel. Hier geht das mentale Konzept, die Idee in einem Hotel aus Eis zu schlafen, vor und schlägt den Komfort eines Luxus-Hotels. Erwarten Teilnehmer einer Studie im Hirnscanner einen teuren Wein, aktiviert das ihr Belohnungssystem viel stärker als wenn sie einen billigen Wein erwarten. Das Konzept „Qualität“, kodiert u. a. im hohen Preis, verändert also die neuronale Aktivierung im Belohnungssystem und damit den erlebten Geschmack.

Im Sacramanto wird bei Menschen, die weniger Energie verbrauchen als ihre Nachbarn ein lächelnder Smiley auf die Strom-Rechnung gedruckt. Diese einfache Maßnahme hat den Energieverbrauch signifikant reduziert und wird jetzt auch in Chicago, Seattle und acht weiteren Städten eingesetzt. Hier führt also das Konzept „grüner sein als die Nachbarn“ zu weniger Energieverbrauch, also weniger Konsum. Ariely schreibt dazu im „Harvard Business Review“:

„Der Konsum von Konzepten beeinflusst sehr stark den physischen Konsum. Der SUV in der Auffahrt hat nur zum Teil mit Transport zu tun; hier wird das Konzept Status konsumiert. Dutzende von Studien zeigen, wie Konzepte den physischen Konsum von Produkten beeinflussen“.

Nach Ariely ist die Erklärung für unseren Hunger nach Konzepten einfach. Unsere Vorfahren waren auf den Konsum von Essen fokussiert, sie verwendeten sehr viel Zeit für das Suchen und Konsumieren von Nahrung. Dieser Antrieb ist immer noch Teil von uns, wird aber heute bei jedem Gang zum Supermarkt und zur Mikrowelle sofort gestillt. Mit gestilltem Hunger und ausreichend Freizeit suchen wir immer stärker nach psychologischen Möglichkeiten, den uralten Trieb nach physischem Konsum auszuleben. Wir suchen und konsumieren Konzepte, wie z. B. die große Anzahl Mineralwasser-Marken zeigt. Wir sind deshalb auch bereit, für Produkte die für relevante Konzepte stehen, mehr zu bezahlen.

Dass wir Menschen über das physische Produkt hinaus auch immer Mentales konsumieren, zeigt auch das folgende Beispiel. Viele kennen das: Wir wollen oft eine spezielle Erfahrungen, wie zum Beispiel einen schönen Abend zu Zweit, nicht wiederholen. Es könnte ja beim zweiten Mal nicht mehr so schön werden. Die Erinnerung an etwas Erlebtes ist manchmal reizvoller als die reale Wiederholung. Oder stellen wir uns vor, wir dürften einen zweiwöchigen Urlaub mit der Familie erleben. Vorbehalt: Es werden uns anschließend alle Fotos und durch eine Pille auch alle Erinnerungen daran weg genommen. Würden wir diesen Urlaub wählen? Eher nicht. Denn es scheint uns nicht nur um die reale Erfahrung zu gehen, sondern insbesondere um die Erinnerung daran. Die physische Erfahrung ist zwar dieselbe, wir erleben den Urlaub, aber unsere Erinnerung daran entfällt. Das macht einen großen Unterschied bei uns Menschen. Wir konsumieren auch die Erinnerung an unseren Urlaub, beim gemeinsamen Abend mit Freunden oder während der Arbeit, wenn wir uns mental nochmals am Strand befinden.

Sehr spannender Vortrag zu diesem Thema von Nobelpreisträger und Verhaltensökonom Daniel Kahneman bei TED.com:

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